Ist die Stadterweiterung in Wedel Nord tatsächlich alternativlos?

Bereits seit Jahren wird über eine Erweiterung der städtischen Bebauungsflächen im Nordwesten von Wedel diskutiert. Das neue Stadtviertel unter der Bezeichnung „Wedel Nord“ scheint für die  Mehrheit der in Politik und Verwaltung Verantwortlichen alternativlos.

Aber ist das auch wirklich so? Welche Ziele sollen durch die Versiegelung dieser Flächen eigentlich verfolgt werden? Und zu welchem Preis?

Ein Blick auf die von der Politik beschlossenen Strategischen Ziele der Stadt ist vielleicht hilfreich. Schon in der letzten Legislaturperiode haben sich die politisch Verantwortlichen darauf verständigt, zusätzlichen städtischen Wohnraum zu schaffen und zwar 1000 zusätzliche Wohneinheiten bis 2030.

Soweit, so gut. Um die Erreichung eines solchen Zieles zu überprüfen, wäre es natürlich hilfreich, wenn der Zuwachs an städtischem Wohnraum auch zahlenmäßig erfasst werden würde. Leider geschieht dies aber nicht.

Warum, fragt man sich? Vielleicht, weil dieses Ziel bereits ohne den Bau von Wedel Nord durch die vielen innerstädtischen Nachverdichtungs-Maßnahmen und die neuen Wohngebiete, beispielsweise zwischen Steinberg und am Redder, auf dem ehemaligen Gelände der Jet-Tankstelle und Am Rain erreicht wird?

Würde man den Wohneinheitenzuwachs genau zählen, wäre das Wohngebiet Wedel Nord nämlich zur Erreichung des oben beschriebenen Strategischen Zieles nicht erforderlich.

Vor dem Hintergrund des sich aktuell dramatisch auswirkenden Klimawandels stellt sich auch die Frage, ob die Versiegelung zusätzlicher Flächen dieser Größe zugunsten von Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern überhaupt noch zeitgemäß und sinnvoll ist. Selbst Vertreter der Norddeutschen Wohnungswirtschaft haben sich kürzlich aus Gründen der Nachhaltigkeit für einen Verzicht auf den Neubau von Einfamilienhäusern ausgesprochen. Ist Wedel Nord also tatsächlich noch die zeitgemäße Antwort auf den von allen Ratsfraktionen ausgerufenen Klimanotstand? Müssen wir nicht endlich anfangen, die Stadt neu zu denken und eine nachhaltige Stadtentwicklung umsetzten?

Wedel steht vor dem nahezu unlösbareren Problem, den weit überschuldeten Haushalt zu sanieren. Hatte man gedacht, ein Zuwachs an Einwohner*innen in Wedel Nord könnte aufgrund der zusätzlichen Steuereinnahmen mit dazu beitragen, den Haushalt zu sanieren, so ist dies leider ein Trugschluss.

Eine „Fiskalpolitische Wirkungsanalyse“, die erstellt wurde, um über die finanziellen Auswirkungen, die durch das neue Stadtgebiet entstehen, Aufschluss zu geben, kommt leider zu einem negativen Ergebnis. Denn die Kosten, die mit der Erweiterung der städtischen Infrastruktur für das Stadtgebiet Wedel Nord verbunden sind, wie beispielsweise die Straßenerhaltung- und -erweiterung, der Ausbau von  Schulen, Kitas und Senioreneinrichtungen, übersteigen die zu erwartenden Mehrerträge deutlich.

Darüber hinaus wird es durch den Bau von Wedel Nord zu einer noch größeren Belastung des bereits jetzt völlig überlasteten Wedeler Verkehrsnetzes in diesem Gebiet kommen. Den Bürger*innen wurde versprochen, dass das Verkehrsthema gelöst wird, bevor der Bau von Wedel Nord weiter vorangetrieben wird.

Die eine Idee zu diesem Thema war, das neue Viertel möglichst „autoarm“ zu organisieren und auf geteilte Mobilität zu setzen. Dies wurde bereits wieder einkassiert.

Dann wurde jahrelang die  „Nordumfahrung“ als entlastende Anbindung propagiert. Spätestens seitdem diese vom Tisch ist, wird  wohl auch dem Letzten klar sein, das das den Bürger*innen gegebene Versprechen der Verkehrsentlastung nicht gehalten werden kann.

Trotzdem wird Wedel Nord weiter geplant, als gäbe es keine neuen Anforderungen durch den Klimawandel, als gäbe es das verkehrliche Dilemma nicht, als wären die städtischen Kassen voll und als wäre das strategische Ziel der zusätzlich zu erstellenden Wohneinheiten nicht bereits anderweitig erfüllt.

Es scheint  mehr Spaß zu  machen, auf der grünen Wiese Neues zu planen und zu bauen, als den teilweise maroden Altbestand der Stadt zu sanieren und zu erhalten und eine nachhaltige Stadtentwicklung zu betreiben oder sich vielleicht auch mal ernsthaft der Haushaltskonsolidierung zuzuwenden.

Insofern ist unsere Alternative zu Wedel Nord beschrieben: Die städtische Infrastruktur vorausschauend sanieren und optimieren und die Stadt nachhaltig entwicklen, bevor immer wieder neue Baustellen aufgemacht werden.

Angela Drewes, Planungspolitische Sprecherin der WSI-Fraktion