„Wedel Nord ist ein falscher Weg“

POLITISCHER AUSBLICK 2022 WSI-Fraktionschef Andreas Schnieber kämpft gegen Prestigeobjekt – Quelle Wedel-Schulauer Tageblatt 04.02.2022, Oliver Gabriel

Mit einem Haushaltsdefizit von rund 7 Millionen Euro trotz Steuererhöhungen bleiben Wedels Finanzen auch 2022 weiter satt im roten Bereich. Dabei hat die Stadt unter anderem massive Investitionen in den Schulbau vor der Brust. Zum Herbst soll denn auch endlich der Sparplan stehen, mit dem die Stadt aus der seit Jahren offenkundigen Haushaltsmisere kommen möchte. Einmal mehr also ein schwieriges Jahr für Politik und Verwaltung, für die zudem ein möglicher Wechsel an der Spitze ansteht. Unsere Zeitung hat nachgefragt, wie die Fraktionen die anstehenden Aufgaben angehen wollen und wie sie zur Bürgermeisterwahl am 6. März stehen.

Im sechsten und letzten Beitrag der Serie hier die Antworten von Andreas Schnieber, Fraktionsvorsitzender der WSI Wedel.

Andreas Schnieber

Wie erklärt es Ihre Fraktion dem Bürger, dass kein politischer Kandidat aus Ihrem Lager bei der Bürgermeisterwahl am 6. März antritt?

Andreas Schnieber: Innerhalb der WSI gibt es Persönlichkeiten, die sehr gut für das Amt geeignet wären. Diese haben sich aber für einen anderen Lebensweg entschieden.

2022 soll das Jahr der überfälligen Haushaltskonsolidierung sein. 2023 ist Kommunalwahl. In welchem Maß und wo wird Ihre Fraktion dem Bürger trotzdem die unpopulären Einschnitte und Mehrbelastungen zumuten?

Wir haben uns dafür stark gemacht, dass über einzelne Maßnahmen erst entschieden wird, wenn die im Konzept zur Haushaltskonsolidierung von der Verwaltung vorgeschlagenen Maßnahmen bis zum September überarbeitet und dann als Gesamtpaket entscheidungsreif vorgelegt werden. Nur so kann eine sachgerechte Abwägung getroffen werden. Alle müssen in einer Gesamtschau beurteilen können, dass beispielsweise der Verzicht auf eine Leistungsreduzierung an einer Stelle an anderer Stelle dann gegebenenfalls zum totalen Wegfall einer Leistung führen muss.
Auch die Politik ist gefordert, über die bisherigen Vorschläge hinaus weitere Ideen zu entwickeln. Zudem erwarten wir aus dem noch nicht abschließend besprochenen Bericht des Landesrechnungshofes weitere Lösungsansätze. Die WSI wird darauf achten, dass gerade die Schwachen unserer Gesellschaft nicht die am stärksten von Einsparungen oder Mehrbelastungen betroffene Gruppe sein wird.

Schulbau ist in Wedel offensichtlich ein Fass ohne Boden. Was können und müssen Politik und Verwaltung hier besser machen?

Gut ausgestattete Schulen in einem guten baulichen Zustand sind für uns sehr wichtig. Allerdings ist nicht jede vermeintliche „Idealschule“ für eine finanziell angeschlagene Stadt bezahlbar. 
Zumal sich die Vorstellungen, was „ideal“ ist, gerade im pädagogischen Bereich erfahrungsgemäß schnell ändern. Zudem sollten Umplanungen nach Baubeginn so weit wie möglich vermieden werden.
Politik und Verwaltung müssen mutiger werden, wenn es darum geht, dass die Ablehnung von besonderen Wünschen an Ausstattungen, Raumflächen et cetera angesichts der städtischen Gesamtsituation in vielen Fällen nicht zu vermeiden sein wird. Gute Schulgebäude sind wichtig, aber gute Schule insgesamt ist weitaus mehr.

Die notwendige Sanierung der Finanzen einmal ausgenommen: Was nimmt Ihre Fraktion 2022 besonders in den Fokus?

Die Antwort wird niemand wundern. Natürlich Wedel Nord. Immer mehr Menschen in Wedel verstehen, dass das Projekt eine falsche Stadtentwicklung bewirken würde. Wedel Nord führt nämlich auch dazu, dass die bereits jetzt zum Teil schlechte Infrastruktur unserer Stadt zugunsten eines Prestigeobjektes weiterhin vernachlässigt werden muss. 
Gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern wollen wir weiter daran arbeiten, dass der in ökologischer, verkehrspolitischer und finanzieller Sicht falsche Weg für unsere Stadt beendet wird. Hierzu wird es bald die ersten Treffen mit Menschen geben, die uns ihre Unterstützung angeboten haben.
Vielleicht gelingt es uns, die nächste Kommunalwahl zu einer Abstimmung über Wedel Nord zu machen. Wer sich mit zeitgemäßer Stadtentwicklung beschäftigt, wird unsere Argumente teilen. Ein weiterer Fokus: Auch sonstige neue Projekte werden wir nicht unterstützen, solange die begonnenen Großmaßnahmen wie zum Beispiel der Hafen nicht erfolgreich zu Ende gebracht sind.

Corona hat das komplette vergangene Jahr überschattet: Was lief gut, was müssen Verwaltung und Politik besser machen, um der Pandemie auf lokaler Ebene zu begegnen?

Da die Entscheidungen zu Corona nahezu ausschließlich auf Bundes- und Landesebene getroffen werden, lieber das hierzu: Lasst Euch impfen, zeigt durch Euer Alltagsverhalten, dass Euch klar ist, wie gefährlich die Krankheit ist. Wedel hat es bisher gut gemacht und den Corona-Leugnern die kalte Schulter gezeigt. Die Weltoffenheit unserer Stadt, auf die wir stolz sein können, zeigt sich auch darin, dieser Krankheit solidarisch entschieden entgegen.